Der geniale Motorenkonstrukteur Paul Rosche ist im Alter von 82 Jahren verstorben. Das bayrische Urgestein gehörte zu den besten Ingenieuren des Münchner Automobilbauers, ohne den der Ruf von BMW kaum denkbar gewesen wäre. Ebenso zählte er zu den Freunden und gern gesehenen Gästen der Bosch Hockenheim Historic. Er wird uns und der gesamten Motorsportwelt fehlen.

Seine großartige Karriere, der er seinen Spitznamen „Nocken-Paule“ zu verdanken hat, begann nach dem Abschluss seines Polytechnikums am 1. November 1957 in der Forschungs- und Entwicklungs-Abteilung bei BMW. Sein Chef war unter anderem Alexander von Falkenhausen. In dieser Abteilung waren damals nur sechs Leute beschäftigt, die für alle Komponenten (Block, Kolben, Steuerkette, Ölpumpe, Nockenwelle oder Ventilfedern) verantwortlich waren. Alexander von Falkenhausen entdeckte schnell, welches Talent Paul Rosche hatte und förderte ihn.

Die ersten Motoren, die Paul Rosche beschäftigten, waren die V8-Motoren der Baureihen 502/507. Rosche war danach zusammen mit von Falkenhausen maßgeblich an der Entwicklung des 4-Zylinder Motors mit zunächst 1,5 Litern Hubraum (Typ „115“, später BMW M10 genannt) beteiligt. Dieser wurde ab 1961 zuerst im BMW 1500 (80 PS) und kurze Zeit später mit zwei Doppel-Solex-Vergasern im BMW 1800TI/SA mit einer Leistung von 130 PS eingesetzt. Der Motor fand dann vom BMW 02 bis zum BMW E30 Verwendung und war die Basis für alle BMW-Rennmotoren der folgenden Jahre. Damit war er ein Meilenstein in einer bis heute andauernden Erfolgsgeschichte von BMW im Motorsport. Mitte der 60er-Jahre wechselte Rosche in die Motorsport-Abteilung, als sich BMW konsequent im Rennsport engagierte.

Als sich BMW im Jahr 1970 – nach dem Tod von Gerhard Mitter – für zwei Jahre aus dem Rennsport zurückzog, blieb Rosche Mitarbeiter in einem inoffiziellen Entwickler-Team, welches weiter an Rennmotoren arbeitete. Ab 1973 kooperierte BMW mit March in der Formel 2 und Rosches Motoren gewannen im Laufe der folgenden Jahre einige europäische Meisterschaften. Die Motoren wurden auch in den BMW-Tourenwagen eingesetzt. Als sich von Falkenhausen 1975 zur Ruhe setzte, übernahm Rosche die Leitung der BMW M GmbH.

Zusammen mit Jochen Neerpasch versuchte er, den BMW-Vorstand von einem Einstieg in die Formel 1 zu überzeugen. Das Vorhaben scheiterte jedoch und Neerpasch verließ die Firma. Er wurde durch Dieter Stappert ersetzt. 1980 schließlich war der Formel 1-Einstieg besiegelt. Rosche hatte zu diesem Zeitpunkt die Entwicklung bereits weit vorangetrieben und der Motor BMW M12/13 hatte 1982 seinen ersten Renneinsatz. Der erste Sieg folgte im Juni desselben Jahres mit Nelson Piquet im Brabham beim Großen Preis von Kanada. Der Motor konnte acht weitere Siege einfahren und 1983 die Weltmeisterschaft gewinnen. In den folgenden Jahren wurde der BMW-Turbo in seiner maximalen Ausbaustufe mit bis zu 1400 PS zum stärksten Motor der Formel 1-Geschichte. Ende 1986 zog sich BMW aus der Formel 1 zurück und verkaufte die Motoren an Megatron.

In der Folgezeit entwickelte Rosche den Motor für den M3-Tourenwagen, der mehr Rennen gewinnen konnte als jeder andere Wagen dieser Klasse. In den 90er-Jahren baute er den V12-Motor für den McLaren F1, der von Gordon Murray konstruiert wurde. Der 6,1-Liter-Motor konnte 1995 die 24 Stunden von Le Mans gewinnen. Der V10-Motor, mit dem Williams ab 2000 in der Formel 1 antrat, stammte ebenfalls zu großen Teilen von Rosche, der jedoch 1999 mit 65 Jahren in den Ruhestand ging.